Bahá'u'lláh - Geschichte

 
 
 
 
 
 


Bahá'u'lláh - Schriften

 
 
 
 
 
 

 

Bahá'u'lláh - Schriften über Gott, seine Boten und den Menschen

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Aller Preis sei der Einheit Gottes, und alle Ehre sei Ihm, dem höchsten Herrn, dem unvergleichlichen, allherrlichen Herrscher des Weltalls, der aus völligem Nichtsein die Wirklichkeit aller Dinge erschuf, der aus dem Nichts die lautersten, feinsten Elemente Seiner Schöpfung ins Dasein rief, der Seine Geschöpfe vor der Erniedrigung des Fernseins und den Gefahren endgültigen Ausgelöschtseins errettet und sie in Sein Reich unzerstörbarer Herrlichkeit aufgenommen hat. Nichts außer Seiner allumfassenden Gnade und Seiner alldurchdringenden Barmherzigkeit hätte dies jemals vollbringen können. Wie sonst hätte es reinem Nichts gelingen können, aus sich selbst heraus Wert und Fähigkeit zu erlangen, um aus dem Stande des Nichtseins in das Reich des Seins zu treten?

Nachdem Er die Welt und alles, was darin lebt und webt, erschaffen hatte, wünschte Er durch das unmittelbare Wirken Seines unumschränkten, höchsten Willens, dem Menschen die einzigartige Auszeichnung und Fähigkeit zu verleihen, Ihn zu erkennen und zu lieben - eine Fähigkeit, die notwendigerweise als der gesamten Schöpfung zugrunde liegender schöpferischer Antrieb und Hauptzweck anzusehen ist. ... Auf die innerste Wirklichkeit jedes erschaffenen Dinges hat Er das Licht eines Seiner Namen ergossen; jedes hat Er zum Empfänger der Herrlichkeit einer Seiner Eigenschaften gemacht. Die Wirklichkeit des Menschen jedoch hat Er zum Brennpunkt für das Strahlen aller Seiner Namen und Eigenschaften und zum Spiegel Seines eigenen Selbstes erkoren. Aus allem Erschaffenen ist allein der Mensch zu einer so großen Gunst, einer so dauerhaften Gabe auserwählt worden.

Diese Kräfte, mit denen die Sonne göttlicher Großmut, die Quelle himmlischer Führung, die Wirklichkeit des Menschen begabt hat, liegen jedoch verborgen in ihm, gleichwie die Flamme in der Kerze verborgen ist und die Lichtstrahlen als Möglichkeit in der Lampe vorhanden sind. Der Glanz dieser Kräfte kann durch weltliche Wünsche verdunkelt werden, wie das Licht der Sonne unter dem Staub und Schmutz, die den Spiegel bedecken, verborgen bleiben kann. Weder die Kerze noch die Lampe können durch eigenes Bemühen und ohne Hilfe entzündet werden, noch ist es dem Spiegel jemals möglich, sich selbst von seinem Schmutze zu befreien. Es ist klar und offenkundig, daß die Lampe niemals brennen wird, ehe ein Feuer in ihr entzündet ist, und der Spiegel niemals das Bild der Sonne wiedergeben noch ihr Licht und ihren Glanz widerspiegeln kann, ehe nicht der Schmutz von seiner Oberfläche getilgt ist.

Und da es kein Band unmittelbaren Umgangs geben kann, das den einen, wahren Gott an Seine Schöpfung bindet, da keinerlei Ähnlichkeit zwischen dem Vergänglichen und dem Ewigen, dem Bedingten und dem Absoluten bestehen kann, hat Er bestimmt, daß in jedem Zeitalter und in jeder Sendung eine reine, unbefleckte Seele in den Reichen von Erde und Himmel offenbar werde. Diesem feinen, geheimnisvollen, durchgeistigten Wesen hat Er eine zweifache Natur zugeteilt: die körperliche, die der Welt des Stoffes angehört, und die geistige, die aus Gottes eigener Substanz geboren ist. Er hat Ihm ferner eine doppelte Stufe verliehen. Die erste Stufe, die sich auf Seine innerste Wirklichkeit bezieht, stellt Ihn dar als Den, dessen Stimme die Stimme Gottes selbst ist. Dafür zeugt die Überlieferung: »Mannigfach und geheimnisvoll ist Meine Verbindung mit Gott. Ich bin Er, und Er ist Ich, außer daß Ich bin, der Ich bin, und Er ist, der Er ist.« Und in gleicher Weise die Worte: »Erhebe dich, o Muhammad, denn siehe, der Liebende und der Geliebte sind miteinander vereint und eins geworden in Dir.« In ähnlicher Weise spricht Er: »Es gibt keinerlei Unterschied zwischen Dir und Ihnen, außer daß Sie Deine Diener sind.« Die zweite Stufe ist die menschliche Stufe, die durch folgende, Verse erläutert wird: »Ich bin nur ein Mensch wie ihr.« »Sprich: Preis sei meinem Herrn! Bin ich mehr als ein Mensch, ein Apostel?« Diese Wesen der Loslösung, diese strahlenden Wirklichkeiten sind die Kanäle der alldurchdringenden Gnade Gottes. Vom Lichte unfehlbarer Führung geleitet, ausgestattet mit höchster Herrschaft, haben Sie den Auftrag, sich des belebenden Einflusses Ihrer Worte, der Ausgießungen Ihrer unfehlbaren Gnade, des heiligenden Hauches Ihrer Offenbarung zu bedienen, um jedes sich sehnende Herz, jeden empfänglichen Geist vom Schmutz und Staub irdischer Sorgen und Beschränkungen zu reinigen. Dann, und nur dann wird das von Gott anvertraute Pfand, das in der Wirklichkeit des Menschen ruht, strahlend wie das aufsteigende Gestirn göttlicher Offenbarung aus dem Schleier der Verborgenheit hervortreten und das Banner seiner offenbaren Herrlichkeit hoch auf den Gipfeln der Menschenherzen aufrichten.

Aus den vorhergehenden Abschnitten und Hinweisen ist zweifellos klar geworden, daß in den Reichen von Erde und Himmel notwendigerweise ein Lebewesen offenbart werden muß, das als Manifestation und Träger für die Übermittlung der Gnade der Gottheit selbst, des höchsten Herrn alles Erschaffenen, wirken soll. Durch die Lehren dieser Sonne der Wahrheit wird jeder Mensch fortschreiten und sich entwickeln, bis er die Stufe erreicht, auf der er alle in ihm verborgenen Kräfte offenbaren kann, mit denen sein innerstes, wahres Selbst begabt worden ist. Zu eben diesem Zweck sind in jedem Zeitalter und in jeder Sendung die Propheten Gottes und Seine Auserwählten unter den Menschen erschienen und haben eine Kraft gezeigt, wie sie von Gott geboren ist, und eine Macht, wie sie nur der Ewige offenbaren kann.

Kann ein Mensch mit gesundem Verstande sich ernstlich vorstellen, daß in Anbetracht gewisser Worte, deren Sinn er nicht begreifen kann, das Tor der unendlichen Führung Gottes jemals vor den Menschen verschlossen sein könnte? Kann er sich für diese göttlichen Leuchten, diese strahlenden Lichter, einen Anfang oder ein Ende ausdenken? Welche Wasserflut läßt sich mit dem Strom Seiner allumfassenden Gnade vergleichen, welche Wohltat kann die Beweise einer so großen, durchdringenden Barmherzigkeit übertreffen? Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß die Welt, würde ihr einen Augenblick lang die Flut Seiner Barmherzigkeit und Gnade entzogen, völlig zugrunde ginge. Aus diesem Grunde waren die Tore göttlicher Barmherzigkeit vom Anfang an, der keinen Anfang hat, für alles Erschaffene weit geöffnet, und die Wolken der Wahrheit werden ihre Gunstbeweise und Gaben weiterhin bis zum Ende, das kein Ende hat, auf den Boden menschlicher Fähigkeit, Wirklichkeit und Persönlichkeit herabregnen. Solches ist Gottes Weise von Ewigkeit zu Ewigkeit. [1]


Jedem verständigen und erleuchteten Herzen ist es offenbar, daß Gott, die unerforschliche Wesenheit, das göttliche Sein, unermeßlich erhaben ist über jedes menschliche Kennzeichen wie körperliches Dasein, Aufstieg und Abstieg, Ausgang und Rückkehr. Fern sei es Seiner Herrlichkeit, daß des Menschen Zunge angemessen Sein Lob künden oder des Menschen Herz Sein unergründliches Mysterium erfassen könnte. Er ist und war von jeher in der altehrwürdigen Ewigkeit Seines Wesens verhüllt und wird in Seiner Wirklichkeit dem Schauen der Menschen ewiglich verborgen bleiben. »Keine Schau erfaßt Ihn, Er aber erfaßt alle Schaut Er ist der Scharfsinnige, der Allsehende.«

Das Tor der Erkenntnis des Altehrwürdigen der Tage ist so vor dem Antlitz aller Wesen verschlossen. Darum hat der Quell unendlicher Gnade nach Seinem Spruch: »Seine Gnade ist größer denn alle Dinge; Meine Gnade hat sie alle umschlossen«, jene leuchtenden Edelsteine der Heiligkeit aus dem Reiche des Geistes in der edlen Gestalt des menschlichen Tempels erscheinen und allen Menschen offenbar werden lassen, auf daß sie der Welt die Mysterien des unveränderlichen Seins schenken und ihr von Seinem reinen, unsterblichen Wesen künden.

Diese geheiligten Spiegel, diese Aufgangsorte altehrwürdiger Herrlichkeit sind allesamt auf Erden die Vertreter Dessen, der innerster Kern, reinstes Wesen und letztes Ziel des Weltalls ist. Von ihm gehen ihre Erkenntnis und Macht aus, von ihm leitet sich ihre Herrschaft ab. Die Schönheit ihres Antlitzes ist nur eine Widerspiegelung Seines Bildes, ihre Offenbarung ein Zeichen Seiner unsterblichen Herrlichkeit. Sie sind die Schatzkammern göttlicher Erkenntnis, die Verwahrungsorte himmlischer Weisheit. Durch sie wird eine Gnade vermittelt, die unendlich ist, und durch sie wird das Licht enthüllt, das nimmer verlöschen kann. ... Diese Horte der Heiligkeit, diese Ersten Spiegel, die das Licht unvergänglicher Herrlichkeit widerstrahlen, sind nur ein Ausdruck von ihm, dem Unsichtbaren der Unsichtbaren. Durch die Offenbarung dieser Edelsteine göttlicher Tugend sind alle Namen und Eigenschaften Gottes wie Erkenntnis und Kraft, Oberhoheit und Herrschaft, Barmherzigkeit und Weisheit, Herrlichkeit, Freigebigkeit und Gnade enthüllt.

Diese Eigenschaften Gottes sind nicht und waren niemals bestimmten Propheten verliehen und anderen vorenthalten. Nein, alle Propheten Gottes, Seine wohlbegnadeten, Seine heiligen und erwählten Boten sind ohne Ausnahme die Träger Seiner Namen und die Verkörperungen Seiner Eigenschaften. Sie unterscheiden sich nur in der Stärke ihrer Offenbarung und in der unterschiedlichen Kraft ihres Lichtes. So hat Er offenbart: »Einige der Gesandten haben Wir die anderen überragen lassen.«

Es ist daher offenkundig und einleuchtend dargetan, daß in den Tabernakeln dieser Propheten und Erwählten Gottes das Licht Seiner unendlichen Namen und erhabenen Eigenschaften widergestrahlt wird, ob das Licht einiger dieser Eigenschaften nach außen hin durch diese leuchtenden Tempel den Augen der Menschen enthüllt ist oder nicht. Daß eine bestimmte Eigenschaft Gottes durch diese Wesen der Loslösung nach außen hin nicht offenbart worden ist, besagt keineswegs, daß sie, die Aufgangsorte der Eigenschaften Gottes und Schatzkammern Seiner heiligen Namen, diese nicht wirklich besessen hätten. Darum sind diese erleuchteten Seelen, diese schönen Antlitze, allesamt mit allen Eigenschaften Gottes wie höchste Hoheit, Herrschaft und dergleichen ausgestattet, mögen sie auch dem äußeren Anschein nach aller irdischen Majestät beraubt sein.... [2]


Wisse mit Bestimmtheit, daß der Unsichtbare in keiner Weise Sein Wesen Fleisch werden lassen und den Menschen enthüllen kann. Er ist und war immer unermeßlich erhaben über alles, was sich aufzählen oder wahrnehmen läßt. Von Seinem verborgenen Orte der Herrlichkeit aus verkündet unablässig Seine Stimme: »Wahrlich, Ich bin Gott. Es ist kein Gott außer Mir, dem Allwissenden, dem Allweisen. Ich habe Mich den Menschen offenbart und Ihn herabgesandt, der der Tagesanbruch der Zeichen Meiner Offenbarung ist. Durch Ihn ließ Ich die ganze Schöpfung bezeugen, daß es keinen Gott gibt außer Mir, dem Unvergleichlichen, dem Allunterrichteten, dem Allweisen.« Er, der ewig vor den Augen der Menschen verborgen bleibt, kann nie anders als durch Seine Manifestation erkannt werden, und Seine Manifestation kann keinen größeren Beweis für die Wahrheit ihrer Sendung erbringen als den Beweis Ihrer eigenen Person. [3]


O Salmán! Das Tor zur Erkenntnis des Altehrwürdigen Seins ist immer vor den Menschen verschlossen gewesen und wird es für immer bleiben. Kein menschliches Begreifen wird jemals zu Seinem heiligen Hofe Zutritt gewinnen. Als Zeichen Seiner Barmherzigkeit und als Beweis Seiner Gnade hat Er jedoch den Menschen die Sonnen Seiner göttlichen Führung, die Sinnbilder Seiner göttlichen Einheit offenbart und hat verfügt, daß die Erkenntnis dieser geheiligten Wesen mit der Erkenntnis Seines eigenen Selbstes gleichbedeutend sei. Wer sie erkennt, hat Gott erkannt. Wer auf ihren Ruf hört, hat auf die Stimme Gottes gehört, und wer die Wahrheit ihrer Offenbarung bezeugt, hat die Wahrheit Gottes selbst bezeugt. Wer sich von ihnen abwendet, hat sich von Gott abgewandt, und wer nicht an sie glaubt, hat nicht an Gott geglaubt. Jeder von ihnen ist der Pfad Gottes, der diese Welt mit den Reichen der Höhe verbindet, und das Banner Seiner Wahrheit für alle in den Reichen der Erde und des Himmels. Sie sind die Manifestationen Gottes unter den Menschen, die Beweise Seiner Wahrheit und die Zeichen Seiner Herrlichkeit. [4]


Die Treuhänder Gottes erscheinen den Völkern der Erde als die Träger einer neuen Botschaft. Da diese Vögel des unvergänglichen Thrones alle aus dem Himmel des Willens Gottes herabgesandt sind, und da sie alle sich erheben, Seinen unwiderstehlichen Glauben zu verkünden, sind sie wie eine Seele und ein Wesen anzusehen. Denn sie alle trinken aus dem gleichen Kelch der Liebe Gottes, und alle haben sie teil an der Frucht des gleichen Baumes der Einheit.

Alle Manifestationen Gottes haben eine zweifache Stufe. Die eine ist die Stufe reiner Geistigkeit und Wesenseinheit. In dieser Hinsicht bist du, wenn du sie alle mit einem Namen benennst und ihnen dieselben Eigenschaften zuschreibst, nicht von der Wahrheit abgeirrt. So hat Er offenbart: »Keinen Unterschied machen Wir zwischen Seinen Boten.« Denn sie rufen allesamt die Erdenmenschen auf, die Einheit Gottes anzuerkennen, und verkünden ihnen den Kawthar unendlicher Gnade und Gute. Sie alle sind mit dem Gewande der Prophetenschaft bekleidet und mit dem Mantel der Herrlichkeit beehrt. Darum hat Muhammad, der Punkt des Qur'án, offenbart: »Ich bin alle Propheten.« Ebenso spricht Er: »Ich bin der erste Adam, Noah, Moses und Jesus.« Ähnliches erklärte auch der Imám 'Alí. Aussprüche wie diese, welche die Wesenseinheit dieser Erklärer der Einheit verkünden, gehen aus von den Brunnquellen der unsterblichen Gottesworte und den Schatzkammern der Perlen göttlicher Erkenntnis; sie sind in den Heiligen Schriften niedergelegt. Diese Gestalten sind die Empfänger des göttlichen Befehls und die Aufgangsorte Seiner Offenbarung. Diese Offenbarung ist erhaben über die Schleier der Vielheit und über die Begrenzungen der Zahl. So spricht Er: »Unsere Sache ist nur eine.«² Da die Sache eine und dieselbe ist, muß auch ihr jeweiliger Träger einer und derselbe sein. Ebenso haben die Imáme des muslimischen Glaubens, diese Leuchten der Gewißheit, gesagt: »Muhammad ist unser Erster, Muhammad ist unser Letzter, Muhammad ist unser alles.«

So ist dir klar und deutlich, daß alle Propheten Tempel der Sache Gottes sind, die in verschiedener Tracht erscheinen. Wenn du mit scharfem Auge beobachtest, wirst du sehen, daß sie alle im selben Heiligtum wohnen, sich zum selben Himmel aufschwingen, auf demselben Throne sitzen, dieselbe Sprache sprechen und denselben Glauben verkünden. Solcher Art ist die Einheit dieser Wesen des Daseins, dieser Leuchten unendlichen und unermeßlichen Glanzes! Wenn darum eine dieser Manifestationen der Heiligkeit verkündet: »Ich bin die Wiederkunft aller Propheten«, so spricht Sie gewißlich die Wahrheit. Ebenso ist in jeder folgenden Offenbarung die Wiederkunft der früheren Offenbarung eine festbegründete Tatsache....

Die andere Stufe ist die der Unterscheidung, sie gehört der Welt der Schöpfung und ihren Begrenzungen an. In dieser Hinsicht hat jede Manifestation Gottes eine ausgeprägte Individualität, eine genau vorgezeichnete Sendung, eine vorherbestimmte Offenbarung und besonders gegebene Begrenzungen. Eine jede von ihnen ist unter einem anderen Namen bekannt, ist durch eine andere Eigenschaft gekennzeichnet, erfüllt eine bestimmte Sendung und ist mit einer besonderen Offenbarung betraut. So wie Er spricht: »Einige der Sendboten haben Wir die anderen überragen lassen. Zu einigen hat Gott gesprochen, einige hat Er erhoben und erhöht. Und Jesu, dem Sohn Marias, verliehen Wir offenbare Zeichen und stärkten Ihn mit dem Heiligen Geist.«

Durch diese Verschiedenheit ihrer Stufe und Sendung kommt es, daß die Worte und Aussprüche, die von diesen Quellen göttlicher Erkenntnis strömen, scheinbar voneinander abweichen und verschieden sind. Dagegen sind in den Augen derer, die in die Mysterien göttlicher Weisheit eingeweiht sind, alle ihre Aussprüche in Wirklichkeit nur Ausdruck einer Wahrheit. Da die meisten Menschen diese Stufen, auf die Wir hingewiesen haben, nicht richtig einzuschätzen vermögen, fühlen sie sich verwirrt und bestürzt angesichts der verschiedenartigen Aussprüche der Manifestationen, die doch in ihrem Wesen ein und dieselbe sind.

Es ist seit jeher offenkundig, daß alle diese Unterschiede in der Sprechweise den Unterschieden in der Stufe beizumessen sind. So sind, vom Standpunkt ihrer Einheit und erhabenen Loslösung aus betrachtet, die Kennzeichen Gottheit, Göttlichkeit, höchste Einzigkeit und innerstes Sein von jeher und auch heute auf diese wahrsten Wesen des Daseins anwendbar, da sie ja alle auf dem Throne göttlicher Offenbarung weilen und den Sitz göttlicher Verborgenheit einnehmen. Durch ihr Erscheinen ist die Offenbarung Gottes offenkundig geworden, durch ihr Antlitz die Schönheit Gottes enthüllt. So geschieht es, daß die Sprache Gottes selbst aus dem Munde dieser Manifestationen des göttlichen Seins vernommen wird.

Im Lichte ihrer zweiten Stufe betrachtet, der Stufe der Auszeichnung, der Unterscheidung, der zeitlichen Begrenzungen, der Kennzeichen und Maßstäbe, bekunden sie unbedingte Dienstbarkeit, äußerste Armut und völlige Auslöschung des Selbstes. So hat Er gesprochen: »Ich bin der Diener Gottes, Ich bin nur ein Mensch wie ihr.« ...

Würde eine der allumfassenden Manifestationen Gottes erklären: »Ich bin Gott!«, so spräche Sie gewißlich wahr, und es gäbe darüber keinen Zweifel. Denn es ist wiederholt dargetan worden, daß durch ihre Offenbarung, ihre Eigenschaften und Namen die Offenbarung Gottes, seine Namen und Seine Eigenschaften in der Welt offenkundig gemacht sind. So hat Er enthüllt: »Jene Pfeile waren von Gott, nicht von Dir!« Und ebenso spricht Er: »Wahrlich, die Dir Treue gelobten, gelobten sie in Wirklichkeit Gott.« Würde einer von ihnen den Ausspruch tun: »Ich bin der Gesandte Gottes«, so spräche Er gleichfalls die Wahrheit, die unzweifelhafte Wahrheit. So spricht Er: »Muhammad ist nicht der Vater irgendeines Menschen unter euch, sondern Er ist der Gesandte Gottes.« In diesem Lichte gesehen, sind sie alle nur Gesandte jenes vollkommenen Königs, jener unwandelbaren Wesenheit. Würden sie alle verkünden: »Ich bin das Siegel der Propheten«, so sprächen sie gewiß nichts als die Wahrheit, erhaben über den leisesten Schatten eines Zweifels. Denn sie sind alle nur eine Person, eine Seele, ein Geist, ein Wesen, eine Offenbarung. Sie alle sind die Manifestationen des »Anfangs« und des »Endes«, des »Ersten« und des »Letzten«, des »Sichtbaren« und des »Verborgenen«, - all dies kommt Ihm zu, Ihm, dem innersten Geist der Geister und dem ewigen Wesen der Wesen. Und würden sie sagen: »Wir sind die Diener Gottes,« so ist auch dies eine offenkundige, unbestreitbare Tatsache. Denn sie haben sich im äußersten Zustand des Dienens offenbart, eines Dienens, wie es wohl kein Mensch je erreichen kann. Darum haben diese Wesen des Daseins in Augenblicken, da sie tief in die Meere altehrwürdiger und ewigwährender Heiligkeit untertauchten, oder wenn sie zu den erhabensten Höhen göttlicher Mysterien emporstiegen, den Anspruch erhoben, daß ihre Sprache die Stimme der Gottheit, der Ruf Gottes selbst sei.

Wäre das Auge der Einsicht geöffnet, so würde es erkennen, daß sie sich in eben diesem Zustand als völlig ausgelöscht und nicht bestehend betrachten vor dem Antlitz Dessen, welcher der Alldurchdringende, der Unbestechliche ist. Mich dünkt, sie haben sich ganz wie ein Nichts angesehen und ihre Erwähnung an jenem heiligen Hof als einen Akt der Gotteslästerung erachtet. Denn die leisesten Einflüsterungen des Selbstes sind an einem solchen Hof ein Beweis von Selbstbetonung und Eigendasein. In den Augen derer, die an diesen Hof gelangen, ist eine derartige Regung schon ein schweres Vergehen. Wieviel schwerer wäre es, würde in dieser Gegenwart etwas anderes erwähnt werden, würden des Menschen Herz, Zunge, Gemüt oder Seele von etwas anderem eingenommen werden als von dem Vielgeliebten, würden seine Augen ein anderes Antlitz betrachten als Seine Schönheit, würde sein Ohr einer anderen Melodie sich zuneigen als Seiner Stimme und würden seine Füße einen anderen Pfad gehen als Seinen Pfad. ...

Kraft dieser Stufe erheben sie für sich den Anspruch, die Stimme der Gottheit und dergleichen zu sein, während sie kraft ihrer Stufe als Gottgesandte sich als die Gesandten Gottes erklären. In jedem Fall tun sie einen Ausspruch, der den Gegebenheiten des Augenblicks angepaßt ist, und schreiben alle diese Erklärungen sich selbst zu, Erklärungen, die sich vom Reich göttlicher Offenbarung bis zum Reich der Schöpfung erstrecken und vom Bereich der Göttlichkeit bis zum Bereich irdischen Daseins. Daher kommt es, daß alle ihre Aussprüche, ob sie dem Bereich der Gottheit, des Herrn, des Propheten, des Gottgesandten, des Hüters, des Apostels oder des Dieners zugehören, alle ohne den Schatten eines Zweifels wahr sind. So müssen diese Sprüche, die Wir zur Stützung Unseres Beweises angeführt haben, aufmerksam erwogen werden, damit die voneinander abweichenden Worte der Manifestationen des Unsichtbaren und der Morgendämmerungen der Heiligkeit nicht länger die Seele erregen und den Geist verwirren. [5]

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1. Bahá'u'lláh, Ährenlese (Bahá'í-Verlag GmbH, Langenhain 1980), XXVII, pp. 60-63.

ibid. XIX, pp. 44-45.

ibid. XX, p. 46.

ibid. XXI, p. 47.

ibid. XXII, pp. 48-52.

 

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